DIE VIER: Entwicklungsstand nach einem Jahr

DIE VIER sind seit einem Jahr in Bäbelitz!

Seit DIE VIER hier sind, entwickeln sie sich. Ständig! Einige Entwicklungen finden nur innerlich statt, sind währenddessen nicht zu sehen, erst viel später sieht man das Ergebnis. Andere Entwicklungen sind zu spüren und zu sehen, aber schwer in Worte zu fassen, zum Beispiel wie sich die Bewegungsart verändert, je größer das Vertrauen und die Selbstsicherheit werden. Nun, nach einem Jahr, gibt es noch andere Entwicklungen, und zwar solche, die sich sehr gut beschreiben lassen.

07.11.2022: An diesem Tag war ich bestimmt einer der glücklichsten Menschen auf Erden. Ich wurde gebissen! Was für ein wunderbares Ereignis! Zack rein in die Finger, mit Schmerz, also so richtig doller Körperkontakt. Am Zeigefinger war sogar ein klitzekleiner Abdruck zu sehen. Mann, Mann, Mann, was war ich überrascht und glücklich! Die Situation war folgende: Über Mittag, als im Dorf alles ruhig war, bot ich den VIERen an, mit mir auf die mittlere Fläche zu gehen, wo es immer besonders gut nach Katzen duftet. Ich machte es mir gemütlich, Beine hoch auf einen zweiten Stuhl. Was Tiere an dieser Haltung beruhigt, ist der nach hinten gelehnte und entspannte Oberkörper. Rika verlässt den Stall und den Auslauf, also den sicheren eigenen Bereich, nach wie vor nur nachts. Fenya, Moby und Jeannot liefen und schnüffelten umher. Nachts reagieren sie draußen schon gut auf Leckerlis, tagsüber sind sie skeptischer. Einige Würstchen, die ich übrig hatte, hatte ich in Scheiben geschnitten und mitgenommen. Ich wollte sie den VIERen anbieten, ging aber davon aus, dass DIE VIER wohl eher misstrauisch sein würden und Daisy sich später „opfern“ müsste, die Würstchen zu fressen. Also ohne Erwartung probierte ich einfach mal was aus. Würstchenscheibe zu Fenya geworfen, Fenya holte sie sich. Würstchenscheibe auf meiner ausgestreckten Hand, Fenya gerufen, Fenya kam heran und nahm sie von meiner Hand. Juhu! Moby hingehalten, Moby angesprochen, er sah zu meiner Hand, blieb aber entfernt stehen. Da es nur etwa drei Meter waren, fand ich es so mutig von Moby, dass ich sie ihm hinwarf. Jeannot stand weiter weg. Das gleiche wie vorher nochmal mit Fenya und mit Moby. Jeannot wirkte sehr interessiert. Würstchenscheibe auf meiner ausgestreckten Hand, Jeannot gerufen. Selbstverständlich war mein Oberkörper weggelehnt, mein Kopf leicht weggedreht. Trotz meiner Vorsichtsmaßnahmen stellte ich mich darauf ein, meine Hand lange hinzuhalten, ohne dass etwas passieren würde, so wie bei Moby. Und zack – der Schmerz! Jeannot wollte sich trotz seiner Scheu blitzschnell die Würstchenscheibe von meinen würstchenfarbenen Fingern schnappen. Das tat er auch, nahm aber für eine zehntel Sekunde die Würstchenscheibe mitsamt meinen Fingern in seine Schnauze. Sofort rannte er zu seinem vorherigen Beobachtungsplatz zurück, drehte sich um und starrte mich ungläubig an. Vermutlich starrte ich ihn ebenso ungläubig an. Ich war erschrocken über den Schmerz. Jeannot war erschrocken darüber, dass die Würstchenscheibe nicht in der Luft geschwebt hatte. Wir beide waren außerdem erschrocken über seinen unerwarteten Mut. Nach dem Schreck hätte ich vor Glück platzen können. Bei scheuen Tieren mit natürlichem Verhalten können Leckerlis förderlich sein. Aber wenn scheue Tiere sich zwischen Sicherheit und Leckerli entscheiden müssen, entscheiden sie sich immer für Sicherheit. So wie Moby und Rika. Fenya kommt sowieso schon öfter in meine Nähe. Sie nahm die Würstchenscheibe auch ziemlich ruhig von meiner Hand. Jeannot war nicht mehr ängstlich, nur noch unsicher bezüglich körperlicher Nähe zu mir. Kein Würstchen hätte ihn zu mir bewegen können, wenn er die körperliche Nähe zu mir noch als bedrohlich oder angsteinflößend empfunden hätte. Der Biss bewies, dass er sich freiwillig an mich herantraut hatte!

Ab Anfang November 2022: Bei der regelmäßigen Anwesenheitskontrolle kann ich mich schon ziemlich natürlich bewegen. Fenya ist im Auslauf, Rika und Jeannot sind in der hinteren Hütte im Stall. Moby liegt neben/ vor der hinteren Hütte. Ich quetsche mich so vor die Hütte, dass jedem Hund ein Fluchtweg bleibt und ich hockend sehr nah bei den Hunden bin.

Wer von uns beiden damit anfing, weiß ich nicht mehr. Moby und ich beschnüffeln uns abwechselnd. Es fing sehr, sehr zögerlich an. Über ein paar Wochen haben Moby und ich alle paar Tage die Nase etwas näher an den anderen herangehalten und etwas intensiver geschnüffelt. Jetzt, Mitte Dezember, reckt Moby sogar den Kopf deutlich in meine Richtung, wenn ich mich vor/ neben ihm hinhocke und er hat mich beim Schnüffeln sogar schon mit seiner Nase berührt. Wir machen es immer noch nicht gleichzeitig, sondern abwechselnd. Wenn ich mit Schnüffeln dran bin, kann ich meinen Kopf mittlerweile direkt über Mobys Körper halten. Wegen mangelnder Gelenkigkeit bleibt mein Kopf mindestens 30 cm über Mobys Körper. Allerdings hat Moby mir einen anderen Vorschlag gemacht, von dem ich zunächst nicht wusste, ob ich ihn richtig verstanden hatte. Vermutlich war Moby sich anfangs selbst nicht sicher, ob er es wollte. Seit Anfang Dezember berühre ich Moby mit der Spitze meines Zeigefingers mit ein Zentimeter langen Bewegungen. Wir wagen uns beidseitig millimeterweise vor. Inzwischen ist Moby sich beim Schnüffeln sicher, dass es ihm gefällt. Von meinen Berührungen ist er noch nicht begeistert, aber er möchte körperliche Nähe zu mir. Wahrscheinlich wäre ihm Kontaktliegen lieber. Dafür bin ich jedoch körperlich zu steif und der Platz reicht für meinen riesigen Körper nicht. Die Berührung durch meine Fingerspitze scheint ein guter Kompromiss zu sein. Zu erkennen ist es daran, dass Moby mit der Spitze seines Schlappohrs Platz macht für meine Fingerspitze und dass Moby bei seiner Annäherung zunehmend deutlich (mehrere Millimeter) unterscheidet zwischen Nase zum Schnüffeln zu mir und Wange neben meine Hand halten. Ein weiteres positives Zeichen ist, dass Moby direkt Beendigung meiner Berührung sofort wieder an mir schnüffeln mag. Ein paarmal habe ich Moby kleine Gegenstände zum Schnüffeln hingehalten. Handy findet er uninteressant, Handschuh dagegen geht immer. Um ihm Daisy bzw. ihren Geruch näher zu bringen, habe ich Moby einmal Daisys Halsband hingehalten – total bescheuerte Idee. Ich hatte nicht bedacht, dass DIE VIER schon mal in Angst angeleint gewesen waren. Als Moby das Halsband sah, erstarrte er. Nächsten Tag hatte ich eine bessere Idee: eine getragene Socke von mir. So versuchen und probieren wir und lernen uns gegenseitig immer besser kennen. Und für die Übertragung von Daisys Geruch nehme ich jetzt meine Hand oder einen Handschuh.  

Mitte Dezember 2022: Leckerli-Entwicklung, die wichtigsten Zwischenstufen über vier oder fünf Monate:

Beim Schreiben finde ich es schwierig zu sortieren, welche Infos Sie brauchen, um sich ein Bild machen zu können und welche Details ich weglassen sollte, damit es weder langweilig noch verwirrend wird. Denn tatsächlich gab es in dieser Leckerli-Entwicklung noch viel mehr Zwischenstufen.    

  • Voraussetzung war, dass ich DIE VIER bereits über Monate davon überzeugt hatte, dass ich ihnen eine Fluchtmöglichkeit gewähre und sie körperlich respektiere, auch wenn ich räumlich eine Grenzüberschreitung begehe und in ihren Rückzugsbereich eindringe, indem ich in den Stall hineingehe.
  • Ein Leckerli auf der flachen Hand im Wechsel vorn Moby angeboten und Hand in die hintere Hütte hineingehalten. Moby ignorierte es. Immer öfter fraß ein Hund in der Hütte mein Leckerli. Damit Rika und Jeannot sich sicher fühlen konnten, habe ich nicht hineingesehen. Vermutlich war es Jeannot, der Leckerlis nahm.
  • Mehrmals nahm Moby Leckerli in die Schnauze und ließ es fallen.
  • Moby nahm Leckerli und fraß es!
  • Rika kam nie nach vorn. Irgendwann hatte ich mal für Fenya Leckerlis in die Hütte geworfen. Davon waren Rika und Jeannot so verunsichert, dass sie die Leckerlis nicht fraßen, so lange ich in der Nähe war. Danach gab es zwar keine Anzeichen für eine Beißerei, trotzdem erschien es mir zu gefährlich, Futter auf so kleinem Raum zwischen Raubtieren liegen zu lassen. Deshalb wiederholte ich es nicht, sondern bot Rika nichts an (= bedrängte sie nicht) und hoffte, dass Rika eines Tages nach vorn kommen würde.
  • Nach und nach streckte ich meine Hand weniger zu Jeannot hin, wenn ich ihm Leckerli anbot. Dann kam Jeannot sogar mit dem Kopf unter dem Vorhang heraus und nahm das Leckerli direkt vor mir in meinem Sichtfeld! Moby verweigerte Leckerli. Die Nähe des gierigen Jeannots war Moby wohl zu unheimlich. Erst mehrere Tage später (Jeannot holte sich beständig vor der Hütte das Leckerli ab.) nahm Moby wieder Leckerli von meiner Hand, später fraß er sie auch wieder.
  • Fenya ist grundsätzlich unsicher und unruhig, wenn ich im Auslauf oder Stall bin. Aber sie ist ja auch eigenwillig, sie mag lieber agieren als reagieren. Über längere Zeit gewöhnte sie sich an zu knurren, wenn ich mich im Stall den anderen drei Hunden zuwandte. Wohlgemerkt nicht, wenn ich etwas erledigte, zum Beispiel Wasser auffüllte. Zunächst knurrte Fenya vom anderen Ende des Auslaufs. Über die Zeit kam das Knurren näher an den Stall heran. Als sie anfing, direkt in den Stalleingang hineinzuknurren, reagierten Moby und ich: Moby nahm wieder keine Leckerlis. Ich weiß bis heute nicht, gegen wen das Knurren gerichtet ist und was Fenya damit sagen will. Mein Verstand warnte mich so manches Mal. Ich hockend hinten im Stall, wie in einer Falle, mit dem Rücken zu Fenya. Fenya hätte mich mit Leichtigkeit angreifen können. Mein Gefühl war sich sicher, dass Fenya mir ihren Frust mitteilen wollte, mir aber nichts tun wollte. Seit Fenya am Stalleingang knurrte, warf ich ihr ohne mich umzudrehen im Wechsel mit den anderen Hunden ein Leckerli hin. Aus dem Knurren wurde ein murrendes Weggehen. Ab und zu nahm sie ein Leckerli. Was sie nicht fraß, sammelte ich wieder auf, bevor ich ging, so dass sie es nicht hinterher fressen konnte. Fenya nahm immer öfter ein rückwärts geworfenes Leckerli.  
  • Moby wechselte zwischen verweigern, nehmen und fallen lassen sowie nehmen und fressen.
  • Jeannot nahm Leckerli stetig vor der Hütte.
  • Inzwischen halte ich Fenya Leckerli auf der flachen Hand hin, hinter meinem Rücken Richtung Stalleingang. Fenya wechselt zwischen knurren und Leckerli von meiner Hand nehmen. Wenn sie es frisst, dann gern laut schmatzend. Das Knurren hört auf, wenn ich mich Fenya stimmlich und/ oder mit Leckerli zuwende. Man könnte Fenyas Verhalten auch Nötigung oder Schutzgelderpressung nennen. Was es wirklich bedeutet, weiß ich nicht. Es fühlt sich für mich so an, als wenn Fenya zu unserer Gemeinschaft (Moby, Jeannot, Rika und ich) dazugehören möchte, jedoch zu scheu ist, um direkt zu uns zu kommen und es ihr an Verhaltensweisen mangelt, wie man auf schöne Art in Kontakt treten kann. Selbstverständlich ist ebenso möglich, dass sie die anderen drei vor mir warnen will oder dass sie mich zurechtweisen, bedrohen und zum Verschwinden bewegen will oder dass sie den anderen dreien verbieten will, von mir Aufmerksamkeit anzunehmen, solange sie selbst keine von mir bekommt.
  • Moby wird deutlicher: nachdem Jeannot und Fenya gefressen haben, nimmt und frisst er fast immer.
  • Parallel zum Leckerli-Vorhaben hatte ich begonnen, jeweils vor den Leckerlis am Vorhang des Hütteneingangs zu arbeiten. Bei der Anwesenheitskontrolle hatte ich früher mit Taschenlampe und Handy-Kamera unter dem Vorhang, der nicht bis zum Boden geht, durch den offenen Spalt, ein Video aufgenommen. Dadurch brauchte ich mich nicht mit meinem Kopf anzunähern. Vor etwa zwei Monaten fing ich an, am Vorhang des Hütteneingangs ein wenig zu wackeln. In der nächsten Phase gewöhnte ich Rika, Jeannot und Moby daran, den Vorhang ein wenig nach vorn hochzuheben, während ich mit der Taschenlampe und meinen Augen kurz hineinsah. Jetziger Stand ist, dass ich den Vorhang ungefähr zur Hälfte anhebe und mit der Taschenlampe und meinen Augen hineinsehe, manchmal sogar schon vier Sekunden lang.
  • Positionen von Rika und Jeannot in der Hütte: Rika bleibt grundsätzlich hinten sitzen. Jeannot hatte lange Zeit seitlich hinten gesessen oder gelegen, wenn ich die Anwesenheit kontrollierte. In den letzten Monaten hat er sich von Woche zu Woche zentimeterweise dem Eingang genähert. Eine zusätzliche Entwicklung ist, dass Jeannot nicht mehr versucht, sich in die Hüttenwand oder in den -boden zu drücken, sondern inzwischen sogar ziemlich locker zwischen Liegen und Stehen wechselt und für ein Leckerli nach vorn kommt und sogar den Kopf herausstreckt in den für mich sichtbaren Bereich.
  • Vor etwa zwei Wochen fing ich etwas fast Unmögliches an. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich den Vorhang etwa zur Hälfte anheben, Jeannot kam für Leckerli zuverlässig mit dem Kopf aus der Hütte heraus, Fenya und Moby nahmen häufig Leckerlis von meiner Hand. Ich begann, Rika Leckerlis zu geben! Bitte versuchen Sie, sich bildlich diese riesige Herausforderung vorzustellen. Jeannot liegt oder steht an der Hüttenwand auf der Seite des Hütteneingangs. Seit mehreren Wochen ist er es gewohnt, von mir Leckerlis zu bekommen und ist entsprechend erwartungsvoll. Wenn ich Moby oder Fenya etwas anbiete, dann bin ich von Jeannot abgewandt. Für Jeannot war es zur Gewohnheit geworden, dass er und nur er und sofort er ein Leckerli bekommt, wenn ich meine Hand in seine Richtung halte. Plötzlich fange ich etwas anderes an. Erst wie gewohnt: Jeannot, Fenya und Moby biete ich Leckerlis an. Dabei sage ich immer zuerst den Namen des Hundes, dem ich danach auf der flachen Hand ein Leckerli hinhalte. Also plötzlich, ohne dass die Hunde es verstehen könnten, sage ich „Rika“, hebe den Vorhang an, sage nochmal „Rika“ und werfe zeitgleich ein Leckerli in den hinteren Hüttenbereich. Die Flugbahn geht direkt an Jeannots erwartungsvollem Kopf vorbei und direkt an seinem Körper vorbei. Also wenn man mich über Wochen mit Schokolade gefüttert hätte und plötzlich die Schokolade an meinem Kopf vorbeifliegen würde, würde ich auch von einem Versehen ausgehen und denken, die Schokolade sei selbstverständlich wieder für mich und wäre nur aus Versehen woanders gelandet. Natürlich würde ich mir die Schokolade schnappen. Wenn Jeannot sich Rikas Leckerli schnappte, schimpfte ich mit ihm, indem ich seinen Namen schimpfend aussprach. Die Wahrscheinlichkeit war sehr hoch, dass Rika folgenden Zusammenhang sehen würde: Ein Leckerli fliegt in die Hütte und sobald ein Hund das Leckerli frisst, bekomme ich schlechte Laune und schimpfte. Aus diesem Zusammenhang heraus würde Rika die Leckerlis nie fressen. Deshalb habe ich immer nach einem Schimpf-Vorfall sofort Jeannot direkt ein Leckerli angeboten und meine Zufriedenheit gezeigt – und gehofft, dass Rika mein Schimpfen nicht generell aufs Fressen bezieht. Und tatsächlich: es hat geklappt! Stetig hatten DIE VIER in den zwölf, nun schon dreizehn Monaten bei mir, Vertrauen aufgebaut, zunächst unsichtbar. Aber zum Beispiel hier ist das Vertrauen sichtbar. Wenn ich ein Leckerli für Rika aus meiner wackligen Hocke unten mit möglichst geringer Armbewegung, wegen der Kälte mit Handschuhen, mit den Sinnen darauf konzentriert, ob Fenya nicht zufällig gerade jetzt knurrt, ob Moby meine Bewegung verkraftet, mit den Händen das zweite Leckerli schon griffbereit vorbereitet – Sind Sie in Ihrer Vorstellung noch dabei? – unter diesen Umständen ist es echt schwierig, korrekt zu werfen. Außerdem gibt es ja noch die Schwierigkeit, dass Rika mit dem Kopf nah an Jeannots Po ist und leider nicht auf der anderen Hüttenseite. So gab es allerlei unrühmliche Wurfversuche. Direkt zu Rikas Kopf: Jeannot war schneller. Eher zur anderen Hüttenseite: Jeannot nahm es nicht, aber Rika auch nicht. Naja, so sehr ich Schokolade auch liebe, aber wenn man mich am Oberschenkel mit Schokolade bewerfen würde, wäre ich auch skeptisch. Doch im Gegensatz zu einigen Monaten vorher, suchte Rika sich die Leckerlis, wenn ich Jeannot lange genug fütterte. Deshalb muss ich nach dem Leckerli für Rika sofort eines für Jeannot hinhalten. Je nachdem wie schlecht ich geworfen habe, also wie irritiert Rika ist und wie lange sie suchen muss, muss ich Jeannot manchmal drei Leckerlis geben. Zum jetzigen Zeitpunkt klappt es sehr häufig, dass ich Rika ein Leckerli ankündige, es ihr zuwerfe und sie es frisst. Sofort gebe ich Jeannot ein bis drei Leckerlis. Moby und Fenya bekommen ihr Leckerli mal vorher, mal hinterher. Die Reihenfolge wechsle ich.
  • Fenya nimmt es ziemlich häufig hinter meinem Rücken von meiner Hand. Sie knurrt nur noch selten. Stattdessen überlegt sie jetzt eher, wie sie angeben kann. Zum Beispiel, indem sie hinter mir sehr laut trinkt, wirklich sehr laut. Und das obwohl sie normalerweise aus der Wasserschüssel im Auslauf trinkt. Oder einmal hat sie getestet, wie ich reagiere, wenn sie mich am Rücken anstupst (Ich habe es äußerlich ignoriert, während ich innerlich zutiefst erfreut war.).
  • Moby ist ziemlich verfressen, sofern er sich sicher genug fühlt. Wenn ich auf dem Hof Futter in meiner körperlichen Nähe anbiete, verzichtet Moby lieber auf Futter zugunsten seines Sicherheitsabstands. Im Stall nimmt er inzwischen meistens gern Leckerlis von mir. Aber genauso gern schnüffelt er an mir und probiert, was wir beide miteinander machen können (in Zeitlupe, in zentimeterkurzen Bewegungen, falls mit Berührung, dann federleicht). Ganz anders als Jeannot, der sich auf dem Hof gern mit mir ausprobiert („Guck‘ mal, ich trau‘ mich, vor Dir zu kacken, obwohl Du nur noch 15 m entfernt bist!“) aber im Stall nur an meinen Leckerlis interessiert ist.

Von dem aufgebauten Vertrauen der VIER bin ich begeistert. Anfangs verhielten sich Moby und Fenya so, als seien sie früher mit Leckerlis angelockt und dann in Angst versetzt worden. Tierliebende Menschen wollen Hunde meistens direkt nach der Gabe eines Leckerlis begrabbeln und bepatschen, sie nennen es streicheln. Aus der Sicht der Tiere sind dies jedoch körperliche Übergriffe/ Überfälle, Grenzüberschreitungen. Das kombiniert mit einem starren Blick mit großen Augen und nach vorn geneigtem Oberkörper wirkt auf Tiere, als wolle der Mensch das Tier mindestens greifen, eher töten. Vermutlich hatten Moby und Fenya solche Erfahrungen gemacht mit tierliebenden Menschen, die es nur gut meinten. Denn die beiden liefen ja anfangs weg, sobald ich Leckerlis anbot. Aber die Krönung ist, dass Rika sich sicher genug fühlt, Leckerlis zu suchen und zu fressen, obwohl ich so nah dran bin und in ihren Rückzugsbereich eindringe! (Ermahnende Zusatzinfo für tierliebende Menschen: Selbstverständlich zeige ich Rika, dass ich sie körperlich respektiere, mich nach jedem Wurf sofort zurückziehe und sowieso meinen Oberkörper wegneige.) Für Jeannot ist diese Situation weniger schwierig als für die anderen. Trotzdem brauchte es auch von ihm erstmal Vertrauensbildung, bevor er seinen Kopf direkt vor meinem Körper aus der Hütte herausstrecken mochte. Und selbstverständlich würde auch Jeannot sofort berechtigterweise Angst bekommen, wenn ich mich mit Kopf und Schultern vorbeugen würde.

Das freiwillige Interesse der VIER an mir finde ich fantastisch. DIE VIER haben sich gegenseitig als Sozialpartner, sie brauchen mich nicht. Futter steht ihnen ständig zur freien Verfügung, sie brauchen die Leckerlis nicht. Das heißt weder aus Einsamkeit noch aus Hunger, sondern freiwillig nähern sie sich mir an!