Individuelle Beratungen für Hühnerhalter
Nutztiere wie Hühner haben, sofern die Unterbringung annähernd artgerecht ist, eine gesunde Psyche und ein gesundes Sozialverhalten. In der Regel haben die privaten Hühnerhalter einen Stall mit Hühnerhof für ihre Tiere und lassen die Hühner Hühner sein. Tritt hier unerwünschtes Verhalten auf, handelt es sich normalerweise um natürliche Reaktionen der Hühner auf das aus Hühnersicht äußerst merkwürdige oder widersprüchliche Verhalten des Menschen. Es betrifft meist nur wenige einzelne Verhaltensweisen, so dass es sich sehr einfach ändern lässt. Nur bei schlechten Unterbringungsbedingungen oder wenn die Hühner in der Prägephase engen Menschenkontakt hatten, vor allem bei Tieren aus Handaufzucht, kommt es häufig zu Verhaltensauffälligkeiten bzw. -störungen. Je enger der Kontakt zwischen Mensch und Tier von der Prägephase bis zum erwachsen Werden ist, umso länger ist der Weg zum gesunden Sozialverhalten.
Ein typisches Wechselspiel zwischen Mensch und Tier aufgrund körpersprachlicher Kommunikation:
Links ist der stehende Fotograf größer. Schumann ist interessiert, aufmerksam. Sein Kopf ist vor seiner Brust. Rechts hat sich der Fotograf klein gemacht, erniedrigt. Schumann präsentiert sich dominant gegenüber dem Fotografen. Kopf über der Brust, eher etwas dahinter. Dadurch wirkt die Brust größer und Schumann insgesamt kräftiger. Beide Fotos wurden innerhalb weniger Minuten aufgenommen.
Wir Menschen finden unser Verhalten völlig normal und es ist doch total selbstverständlich, dass wir dieses oder jenes meinen und erwarten. Für die Hühner ist aus deren Sicht ebenso selbstverständlich, dass wir keine Entscheidungsrechte im Hühnerhof haben, nachdem wir zuvor monatelang wie ein unsicherer Besucher* den Hühnerhof betreten haben. In diesem Revier hat derjenige Entscheidungsgewalt, der sich wie ein verantwortungsvoller Entscheidungsträger verhält und präsentiert. Das ranghöchste Tier in der Hühnerherde ist üblicherweise ein Hahn. Es kann auch die ranghöchste Henne sein – oder der Mensch. Meistens sind es relativ natürliche Situationen, in denen das Revierverhalten, die Rangordnung und die Aufgabenverteilung bedeutsam sind.
*: Auch aggressives menschliches Verhalten wird von Tieren häufig als unsicher gedeutet.
Aber es gibt auch andere Situationen, die man als Mensch für alle angenehm gestalten kann. Ich selbst habe meinem Hahn beispielsweise körpersprachlich mitgeteilt, dass er einen zweiten Hahn dulden soll. An einem meiner Junghähne hing ich so sehr, dass ich ihn weder verkaufen noch schlachten lassen mochte. Also habe ich jetzt Schumann (älterer Hahn) und Brahms (jüngerer Hahn), die alle Klaras (Hennen) lieben. Schumann ist psychisch gesund und stabil und hat sich mit der unnatürlichen Situation, dass es zwei Hähne gibt, abgefunden. Ebenso greife ich ein und reguliere zwischen meinen Hühnern und Enten sowie zwischen meinem Geflügel und meinen Hunden. Diese Form des Zusammenlebens ist nicht arttypisch sondern unnatürlich. Hier habe ich als Mensch die Verantwortung zu erkennen und einzugreifen, wenn eines der Tiere schädlich unterdrückt oder ausgegrenzt wird. Besonders unnatürlich ist es für meine Hunde, sich von Hundefutter zu ernähren anstatt meine Hühner, Enten und Kaninchen zu töten und zu fressen. Wir Menschen sind mit unseren Lebensvorstellungen und -formen wirklich eigenartig.
Foto oben: Die Hunde Pixel, Ronja und Daria beim Geflügel. Ronja will Daria imponieren. Der schwarz-weißen Ente hinten rechts ist es zu viel, sie möchte ihre Ruhe haben. Zu der Zeit war sie aufgrund ihrer schlechten Vergangenheit noch scheu. Schumann (hinten links) präsentiert sich in voller Größe und sieht zu Brahms (mitte rechts). Brahms war etwa in der Pubertät, wusste noch nicht so recht, was er mit Hennen anstellen sollte und wie er auf Schumanns offensives Imponierverhalten reagieren sollte.
Foto unten: etwa zwei Jahre später
Hahn Schumann und Henne Elli fressen. Hündin Daria beschwichtigt zum Hahn. Hündin Ronja versucht körperlich, meine Aufmerksamkeit zu bekommen.